Borrelien gehören zur Gruppe der Spirochäten, den Schraubenbakterien.
Im Gegensatz zu Nordamerika, wo es nur eine Borrelienart (Borrelia burgdorferi sensu stricto) gibt, konnten in Europa bisher 12 Subspezies (zusammengefasst auch als „Borrelia burgdorferi sensu
lato“ bezeichnet) identifiziert werden. Für drei dieser Borrelienspezies, nämlich Borrelia burgdorferi sensu stricto, Borrelia afzelii und Borrelia garinii ist die Pathogenität für den Menschen
nachgewiesen, das heißt, sie gelten beim Menschen als Erreger der „Lyme Borreliose“.
Beim Hund dagegen ist (bisher) nur Borrelia burgdorferi sensu stricto als Borrelioseerreger nachgewiesen.
B. afzelii und B. garinii kommen am häufigsten vor: Sie machen ca. 50% aller Borrelien in Europa aus. Der Anteil von B. burgdorferi sensu stricto beträgt mit regionalen Schwankungen zwischen 7%
und 18%. Mischinfektionen mit verschiedenen Borrelienspezies treten ebenfalls auf.
Borrelien vermehren sich nur langsam. Ihr Generationszyklus beträgt zwischen 12 und 24 Stunden (Ergebnis einer Laboruntersuchung). Zum Vergleich: Der Teilungszyklus von Streptokokken und
Staphylokokken beträgt nur 30 Minuten!
Borrelien brauchen den Blutkreislauf nicht zwingend für ihre Ausbreitung im Organismus. Offensichtlich halten sie sich nur kurze Zeit im Blut auf. Sie nutzen ihre spiralförmige Struktur, um sich
aktiv durch das Gewebe zu schrauben.
Durch ihren relativ langsamen Stoffwechsel und den bevorzugten Aufenthalt in wenig durchbluteten Geweben (Muskelfaszien, Gelenk- und Organkapseln) sind sie für Antibiotika schlecht angreifbar. Im Vergleich zu anderen bakteriellen Erkrankungen sind längere Behandlungen mit Antibiotika notwendig.
Durch ihren relativ langsamen Stoffwechsel und den bevorzugten Aufenthalt in wenig durchbluteten Geweben (Muskelfaszien, Gelenk- und Organkapseln) sind sie für Antibiotika schlecht angreifbar. Im Vergleich zu anderen bakteriellen Erkrankungen sind längere Behandlungen mit Antibiotika notwendig.
Es gibt weitere Eigenarten dieser Bakterien, die ihnen das Überleben sichern:
Sie ändern ständig ihre Oberflächenproteine (Antigene), so dass das körpereigene Immunsystem mit der Bildung entsprechender Antikörper ständig hinterher hinkt.
Durch die Bindung an spezielle Körperzellen können sie sich sogar „maskieren“ und bleiben in diesem Zustand vom Immunsystem weitgehend unerkannt.
Sie können ihre Form ändern und gleichzeitig ihren Stoffwechsel vollständig einstellen. Aus den beweglichen „Schrauben“ werden unbewegliche, kugelförmige Zysten- oder Ruhestadien, so genannte
Sphäroblasten, die gegenüber einer Antibiotikatherapie völlig resistent sind und damit echte Überlebensstadien der Bakterien darstellen.
Die Folge davon sind die gefürchteten persistierenden Infektionen.
Borrelien werden in vielen verschiedenen Tierarten gefunden. Diese Wirtsvielfalt garantiert dem Erreger den Arterhalt und die Verbreitung (auch über weite Strecken durch Vögel!).
Sie können nicht wie viele andere Bakterien frei in der Umwelt überleben. Sie sind adaptiert an viele verschiedene Wirbeltiere zwischen denen sie von blutsaugenden Zecken als Vektoren übertragen
werden.
Borrelien werden außer in Zecken auch in Fliegen, Mücken, Milben, Bremsen, Wespen, Läusen und Flöhen gefunden. Die Übertragung durch diese Arthropoden kann zwar nicht ganz ausgeschlossen werden,
die Gefahr wird aber als sehr gering eingestuft.
In Europa wird die Borreliose durch den „Gemeinen Holzbock“, Ixodes ricinus, übertragen. Je nach Region beträgt die Durchseuchungsrate der Zecken mit Borrelien bis zu 40%!
Eine direkte Übertragung von Wirbeltier zu Wirbeltier gilt als unwahrscheinlich, auch gibt es bisher keine Hinweise auf die Möglichkeit einer intrauterinen Übertragung.
Die Gefahr der Übertragung mit infizierten Blutkonserven ist nur gering, da sich die Erreger bei Menschen und Hunden eher selten im Blutkreislauf aufhalten.
Die Borreliose ist überall dort verbreitet, wo auch der Gemeine Holzbock vorkommt, also in Europa zwischen dem 40. und 65. Breitengrad.
Klinische Symptome treten etwa zwei bis fünf Monate nach einer Infektion auf.
Hunde sind gegenüber Borrelien recht widerstandsfähig: 95% von allen infizierten Hunden bleiben gesund, nur bei 5% entwickeln sich Krankheitssymptome. In einigen Berichten geht man sogar von nur
1% Erkrankungsfällen nach Infektionen bei Hunden aus!
Typisch sind Entzündungen eines oder mehrerer Gelenke (Mono- oder Polyarthritiden) mit entsprechenden Schmerzzuständen und Lahmheiten. Die Lahmheiten können milde und vorübergehend sein und sich
nur auf eine Gliedmaße beschränken oder aber auch lang anhaltend, immer wieder kehrend und bis zur völligen Bewegungsunfähigkeit führen. Muskelschmerzen, Fieber, Lymphknotenschwellungen und
Störungen des Allgemeinbefindens können ebenfalls auftreten.
Vermutet wird, dass Hunderassen wie Labrador Retriever, Golden Retriever und Berner Sennenhunde als chronische Verlaufsform eine Nierenerkrankung entwickeln, die in einem völligen Versagen der
Nierenfunktion enden kann.
Erkrankungen von Haut, Herzmuskel und Nervensystem infolge einer Borreliose wurden in der Vergangenheit zwar häufiger angenommen, konnten in Studien bisher aber nicht bewiesen werden.
Da Holzböcke nicht nur Borrelien sondern auch Anaplasmen übertragen, kommen auch Mischinfektionen beider Erreger beim Hund vor.
Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass Hunde, die sowohl mit Borrelien als auch mit Anaplasmen infiziert sind, wesentlich häufiger Krankheitssymptome mit Lahmheiten entwickeln.
Im Gegensatz zur Humanmedizin, gibt es in der Tiermedizin die Möglichkeit, Hunde durch eine Impfung vor einer Borreliose zu schützen.
Diese Impfung wird seit einiger Zeit unter den Immunologen und praktizierenden Tierärzten kontrovers diskutiert. Es gibt Fakten, die für eine Impfung sprechen, und es gibt Fakten, die dagegen
sprechen. So sieht sich der Tierarzt mit der Aufgabe konfrontiert, für jeden Hund individuell Vor- und Nachteile einer Impfung abzuwägen.
Fakten, die gegen eine Impfung sprechen:
Ob dieser neue Impfstoff durch Kreuzimmunität auch gegen Borrelia burgdorferi sensu stricto wirkt, ist bisher ungeklärt.
Fakten, die für eine Impfung sprechen:
Vor einer Impfung sollte durch eine Untersuchung des Blutserums abgeklärt werden, ob der Hund möglicherweise schon mit Borrelien infiziert worden ist und entsprechend Antikörper gebildet hat.
Werden dabei spezifische Antikörper einer Infektion nachgewiesen, müssen Vor- und Nachteile der Impfung für den Patienten genau abgewogen werden.
Impft man diese Hunde, besteht die Gefahr, dass es dadurch zu einer gesundheitsgefährdenden Bildung von Immunkomplexen kommen kann. Demgegenüber schützt eine stattgefundene Infektion den Hund
nicht vor einer Neuinfektion. In Zeckengebieten lebende Hunde können jedes Jahr mehrfach infiziert werden. Die Impfung eines bereits infizierten Hundes eliminiert natürlich nicht die
möglicherweise bereits im Tier persistierenden Erreger, schützt aber vor einer Neuinfektion.
Gerade in diesen Fällen muss der Tierarzt das ganz individuelle Infektions- und Erkrankungsrisiko abwägen.
Zeckenkontrolle und zuverlässiger Zeckenschutz ist für Mensch und Tier die beste Vorsorgemaßnahme vor einer Borreliose.
Als Folge der hohen Durchseuchungsrate der Zeckenpopulation mit Borrelien und des recht häufigen Zeckenbefalls bei Hunden, kommt es durchaus oft zu einer Übertragung der Erreger von der
blutsaugenden Zecke auf den Hund. Diese „Infektion“ führt zwar, wie oben bereits erwähnt, selten zu einer Erkrankung, ruft aber generell eine entsprechende Reaktion des Immunsystems mit Bildung
von Antikörpern hervor.
Untersuchungen zeigen, dass regional unterschiedlich bei 5 bis 20% aller (gesunden!) Hunde Antikörper gegen Borrelien im Blut gefunden werden, als Hinweis für eine stattgefundene Infektion.
Da aber „Infektion“ bzw. das Vorhandensein spezifischer Antikörper (positiver Antikörpertiter) nicht gleich „Erkrankung“ bedeutet, gestaltet sich die Diagnose „Borreliose“ generell schwierig.
Laborbefunde müssen gerade bei der Borreliose sehr kritisch beurteilt werden. Daher sollte der Borrelioseverdacht zuerst anhand eines stattgefundenen Zeckenbefalls und einer entsprechenden
Krankheitssymptomatik gestellt werden und dieser Verdacht in zweiter Linie durch entsprechende Laboruntersuchungen untermauert werden.
Bei Laboruntersuchungen unterscheidet man den direkten und den indirekten Nachweis eines Erregers.
Beweisend für das Vorliegen einer durch Borrelien hervorgerufenen Erkrankung wäre der direkte Nachweis der Bakterien im erkrankten Gewebe:
1. Durch die Entnahme einer Gewebeprobe und die anschließende Anzucht und Vermehrung von Borrelien in speziellen Nährmedien im Labor. Da sich
Borrelien aber so langsam vermehren, würde die Anzüchtung in einer Kultur mehrere Wochen (ca.6 – 8 Wochen) in Anspruch nehmen. Daher ist dieses Verfahren für den Praxisalltag ungeeignet.
2. Durch den Direktnachweis von Borrelien in Körpergeweben oder Körperflüssigkeiten mit Hilfe der PCR – Technik, Polymerase – Kettenreaktion
(englisch: Polymerase Chain Reaction, PCR), einer Nachweismethode aus der modernen Molekularbiologie. Dieser Test zeichnet sich durch eine hohe Empfindlichkeit aus. Bereits geringste
Erregermengen können damit nachgewiesen werden. Die Probe wird dabei auf das Vorhandensein erregerspezifischer Erbsubstanz, Gensequenzen (DNA, Desoxyribonukleinsäure) untersucht. Die Methode wird
bei Hautbioptaten, Liquorproben und Gelenkpunktaten eingesetzt. Die PCR Untersuchung ist relativ aufwendig und teuer.
Routinemäßig werden bei Borrelioseverdacht die günstigeren indirekten Nachweismethoden durchgeführt, die nicht den Erreger direkt, sondern die Reaktion des Immunsystems auf den Erreger, das heißt
die Antikörper im Blut nachweisen. Ein positiver Test bestätigt zwar eine stattgefundene Borrelieninfektion, beweist damit jedoch nicht, dass eventuell vorhandene Krankheitserscheinungen mit
dieser Infektion im Zusammenhang stehen (s.o.).
Für diese Nachweisverfahren gibt es bereits praxistaugliche Testkits, so dass der Tierarzt die Untersuchung auf Borrelienantikörper im Blut schon in der Praxis durchführen kann.
Fazit:
Ein positiver Antikörpertiter allein ist nur wenig aussagekräftig! Das Vorhandensein von Antikörpern bedeutet nicht zwingend, dass der Hund an Borreliose erkrankt ist!
Das Laborergebnis muss kritisch beurteilt und immer im Zusammenhang mit einem vorausgegangenem Zeckenbefall und entsprechender Krankheitssymptomatik gesehen werden.
Amoxicillin, Ampicillin, Penicillin, Tetrazykline, Doxicyclin, Cephalosporin und verschiedene Makrolide werden in der Therapie eingesetzt.
Erkrankte Hunde sollten, auch wenn sich klinisch schnell –meistens bereits innerhalb von ein bis zwei Tagen - eine Verbesserung der Symptome zeigt, über eine Zeitdauer von vier bis sechs Wochen
behandelt werden.
Problematisch ist das Vorgehen bei Hunden, deren Blutuntersuchung eindeutig auf eine stattgefundene Infektion hinweist (positiver Antikörpertiter), die aber keinerlei Krankheitssymptome zeigen.
Hier muss der Tierarzt wiederum von Fall zu Fall entscheiden, inwieweit auch für diese Hunde eine antibiotische Therapie angezeigt ist.
Borreliose ist in Europa die häufigste von Zecken übertragene Infektion. Da für die Erkrankung keine allgemeine Meldepflicht besteht, gibt es keine genauen Angaben zu den Erkrankungszahlen. Schätzungen gehen von 30.000 bis 40.000 Neuerkrankungen pro Jahr bei Menschen allein in Deutschland aus.
Borreliose zeigt beim Menschen eine vielfältige, komplexe klinische Symptomatik, die auf die unterschiedlichen Borrelienspezies zurückgeführt wird.
So wird eine Infektion mit Borrelia burgdorferi sensu stricto mit ringförmigen Hautläsionen, Entzündungen von Gelenken und Hirnhautentzündungen in Verbindung gebracht. Borrelia garinii verursacht
neurologische Symptome und Borrelia afzelii chronische Gelenkentzündungen und chronische Hautentzündungen.
Quelle/© und mit freundlicher Genehmigung: Parasitenfrei / Bayer Vital GmbH
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